Geschichte

Grünhagen: Vom Vorwerk zur Fischräucherei

von Wilma Laudan

Der Gutshof von Grünhagen war ursprünglich ein Vorwerk des Klosters St. Michaelis in Lüneburg. Die Zerstörungen und Verwüstungen des 30-jährigen Krieges hatten auch in Grünhagen ihre Spuren hinterlassen. Der landwirtschaftliche Betrieb des Vorwerks kam fast zum Erliegen. Es dauerte viele Jahre, bis sich der Hof etwas erholt hatte.

Nach der Auflösung der Klöster übernahm der Herzog wieder das St. Michaeliskloster Lüneburg in seinen Besitz und setzte als obersten Repräsentanten einen Landschaftsdirektor aus den Reihen der Ritterschaft ein.

Das Kloster war verarmt, die Bevölkerung litt an Hunger und Arbeitslosigkeit. Es war keine leichte Aufgabe für  den ersten Landschaftsdirektor, das Vorwerk in einen funktionsfähigen Zustand zu bringen. 

1657 pachtete der Landschaftsdirektor und Oberaufseher der Ritterschule zu St. Michaelis in Lüneburg, Herr Statius Friedrich Post, für etliche Jahre das Vorwerk zu Grünhagen mit den dazu gehörenden Wiesen, Gärten und Fischereien. Er versuchte, durch Verpachtungen der zerstörten Güter einen Teil der Ausgaben zu erwirtschaften.

Eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben aus dem Jahre 1656 zeigt die verheerenden Auswirkungen des Krieges. Die Einnahmen aus der Landwirtschaft ergaben einen Betrag von 214 Rthlr., die Ausgaben betrugen 326 Rthlr.

Im Stadtarchiv Lüneburg befindet sich eine Aufzeichnung einer Inventur vom 26. Mai 1657 eines sehr maroden Vorwerks. Das Dach und das Fachwerk des Vorwerkes befanden sich noch in einem guten Zustand. Nur der Fußboden in der Stube hatte sich sehr gesenkt,

 „…Weill das Steingrus und Sandt welches bey einrichtung gedachten bodens auffs Keller gewölbe gebracht, nicht genugsamb auffeinand gestoßen, derowegen sich nunmehro daßselbe setzet und den boden sincken läßt. Muß des Ortts aufgenomen, wohl ausgefüllet, und neu übersetzet werden.“ (1)

Auch der Gänsestall, „ …dieses unnütze flickwerck,“ war verfaultund sollte „hinweg genommen und was noch irgend  nützliches an Holz daran sein wird,  anderswo verbraucht werden.“ Die Scheune gegenüber dem Vorwerk sah nicht besser aus. Sie war sehr „Baufellig. (1)

Am Ortsausgang, heute die Straße „Am Walde“, befand sich auf der rechten Seite die Schafskate und dahinter – mitten in der Heide  (Galgenberg) – stand der Schafskoven (Schafstall). Die undichten Dächer der beiden „Gebäude mussten mit Heide ausgebessert und Teile der Mauern neu gezogen werden.

Die Schafherde war für das Vorwerk in Grünhagen erstaunlich groß, aber die Schafe waren in einem misslichen Zustand. Die zuständigen Personen weigerten sich, den Wert der Herde zu taxieren. Nach längerem Überreden einigte man sich auf einen relativ niedrigen Preis.

Bei der letzten Abrechnung mit dem Schäfer bestand die Herde aus 462 Köpfen. Inzwischen verstarben  5, somit blieben 457 alte Schafe und 103 Lämmer.

Der Gutshof bestand aus drei Gebäuden. Es ist die Rede vom großen und kleinen Haus und vom Vorwerk, wobei das Letztere u. a. als Unterkunft für die Bediensteten vorgesehen war.

Das große Haus (heute das Hotel Landhaus Grünhagen) verfügte im Erdgeschoss, „In der Stuben gegen der Kirche ( Kapelle), über einige Kammern mit „Bettstetten“, alle mit einer zum Teil schadhaften Fußbank versehen. Im „vestibülo(Vorhalle) stand ein Reusischer  Schlitten (russischer). „so aber alt und Wurmstichig. Der erste Stock war für gesellschaftliche Essen und Festlichkeiten vorgesehen.

In einem anderen Gebäude neben dem großen Haus stand  im Cabinet (kleines Gemach) ein Schreibtisch, waas aber der fueß unfertig und 1 Schloßfertige Schenkenscheibe mit zween Schapffen“.Im Backhaus befanden sich drei alte Teigtröge und zwei alte Kisten. Ein Scheibentisch, der zum  Backhaus gehörte, 2 alte Richtebäncke und ein Bratenspieß waren in der Küche untergebracht. Ein weiteres Wohnhaus mit einer großen Küche und kleinen Stuben und Kammern wurde wahrscheinlich von einem Arbeiter bewohnt. (1)

In den nächsten hundert Jahren verbesserte sich der bauliche Zustand der Gebäude und der Stallungen. Ein 1747 erstelltes besonderes Verzeichnis des „Inventarios“ galt noch  im Jahre 1775, als Ludolph Johann Leyding das Vorwerk in Grünhagen pachtete.  Am 1. Mai 1781 wurde diese Pacht für Wiesen, Weiden, Hof- und Haushaltsgebäude und die Mastung in den Grünhagenschen Holzungen, „…die jedoch seit des jetzigen Zuschlages der Wild=Garten genannt“ für weitere 6 Jahre mit geänderten Konditionen verlängert.

Die Reihenfolge der Pächter ist nicht nachweisbar, sie wurde nach dem Geburts- und Sterbedatum der Eintragungen im Kirchenbuch Bienenbüttel festgelegt.

1657 pachtete Herr Statius Friedrich Post das Vorwerk. Sein Nachfolger Hanß Bockelmann verstarb 1672 nach neunjähriger Ehe. 1673 wurde seine Witwe mit Hanß Steding  zum Grönhagen copuliert und   zog  als Pächter nach Grünhagen. Der nächste bekannte Hauswirt war Dieterich Hagelberg. Richel Margret, seine  3. Tochter  heiratete 1716, im Todesjahr ihres Vaters, Christian Hinrich Westedt aus Tätendorf, der damit die Nachfolge als  Vollhöfner übernahm. 

Catharine Margret, das 2. Kind des Ehepaares Christian Hinrich Westedt und Richel Margret, geborene Hagelberg, heiratete 1744 den Holzhändler Harm Christopher Hedder aus Eitzen. Während Hans Daniel Westedt, Sohn des Christian Westedt, für die Landwirtschaft zuständig war, bestand sein Aufgabenbereich in der Grünhagener Forstwirtschaft. Hier erfolgte schon vor 1770 eine Abtrennung zwischen der Land- und Forstwirtschaft.

1784 übernahm Friedrich Ernst von Bülow das Amt des Landschaftsdirektors und  begann  sogleich als Grundherr mit der Gemeinheitsteilung der Liegenschaften des Lüneburger „Klosters St. Michaelis“.

Die Klosterforst und Verpachtungen brachten nicht so viel ein, dass die jährlichen Ausgaben davon bestritten werden konnten. V. Bülow ließ u. a. in Grünhagen eine neue Forstkultur anlegen. Von Grünhagen  konnte Holz über die Ilmenau sehr einfach und preiswert nach Lüneburg gebracht werden. Bis zum Herbst 1794 wurden ca. 14 Morgen Schwemmwiesen angelegt und im gleichen Jahr eine Ziegelei errichtet, „deren reiner Ertrag sich jährlich auf 500 Thaler beläuft.“ (1)

Das Vorwerk Grünhagen wurde völlig aufgehoben, neu vermessen und mit den Eingesessenen verkoppelt. Der Anteil des Klosters wurde für 249 Rthlr. an Hans Daniel Westedt  verpachtet.

„In Grünhagen selbst ist ein bequemes Wirtschaftsgebäude an der neu angelegten Chaussee errichtet, wodurch in Zukunft für diesen, als ein altes, als ein altes von allen oneribus befreites Tafelgut der vormaligen Aebte, merkwürdigen Ort, noch um so viel mehr gewonnen werden wird.“ (1)

1822 übernahm  Georg Friedrich Carl Wagener (1783 – 1854) als Erbenzinsmann das Gut in Grünhagen. Hans Daniel Westedt zog mit seiner Familie als Interimswirt nach Steddorf. Die Einzelheiten wurden in einem Vertrag zwischen dem St. Michaeliskloster Lüneburg und Herrn Wagener festgehalten:

„daß zwischen dem Kloster St. Michaelis zu Lüneburg, am einen und dem bisherigen Wirtschaftspächter Carl Wagener zu Grünhagen, am anderen Theile, nach vorgängiger Autorisation Königlichen Cabinets Ministerii zu Hannover folgende zu Recht beständigen Erbenzinscontract (Vertrag) verabredet und vollzogen wurde.“

Die Gegenstände des gedachten Erbungszinsgutes sind:

  1. Der Hof des bisherigen Vorwerks, an beiden Seiten der Chaussee, mit sämtlichen darauf stehenden Gebäuden.
  2. Das alte Krughaus im Dorfe und dessen Hofraum.
  3. Die sechs Landkoppeln zu 10 und neun Morgen, und überhaupt neun und fünfzig Morgen enthaltend.
  4. Die Vorwerkswiese, in einer Fläche von sechs und vierzig Morgen, an der Ilmenau liegend.
  5. Die beiden zur Wirtschaft gehörenden Gärten, überhaupt zwei Morgen 87 Ruthen haltend.
  6. Zwei Theile Erlenbruchs an beiden Seiten der Chaussee belegen. (2)

Als Kaufpreis für sämtliche Gebäude wurde eine Summe von 4000 Thalern festgelegt, die zu Weihnachten an das Kloster St. Michaelis in Lüneburg zu entrichten war. 1851 löste sein Sohn, der Ökonom Heinrich Otto, die Schuldsumme seines Vaters beim Kloster ab und wurde mit einer Restschuld von 1.647 Rthr. als Gläubiger ins Grundbuch eingetragen. Die jährlichen Naturalabgaben sollten in Geld aufgerechnet und ebenfalls zu Weihnachten fällig sein.

„Der jährliche Canon (Abgaben) ist auf zweihundert Himpten (…) Neu braunschweigische Maße bestimmt, welche jedoch allemal in Geld nach dem auf Weihnacht jeden Jahres in Lüneburg, nach Gehalt des Polizei Registers gängigen Marktpreise, bezahlt, auch auf Weihnacht fällig.“ (2)

Der Erbenzinsmann verpflichtete sich, alle Rechte und Pflichten zu übernehmen, „wie das Kloster selbst dazu würde verpflichtet gewesen seyn“. Dazu gehörten z. B. Grundsteuern, Brandkassenbeiträge, Erhaltung des Pfarr- Küster- und Pfarrwitwenhauses und die Wegebesserungsdienste. Bei Veräußerungen, Veränderungen oder Zerteilung des Erbenzinsgutes musste die Zustimmung des Erbenzinsherrn (Kloster) eingeholt werden. Beim Verkauf oder Teilverkauf stand dem Kloster das Vorkaufsrecht zu.

In § 9 verpflichtete sich der Käufer, in den nächsten 10 Jahren die vom Michaeliskloster benötigten Forstarbeiter und Tagelöhner  im alten Krughaus zur Miete aufzunehmen und ihnen die herkömmliche Miete von 4 Talern nicht zu erhöhen. Alle Verkäufe, Veränderungen oder Zerteilungen waren ohne Zustimmung des Klosters untersagt. Bei Zustimmung blieb dem Kloster das Vorkaufsrecht…zu dem bedungenen wahren Preise und wird sich binnen zwei Monaten erklären.

Foto von Herrn Mouala

Carl Wagener starb 1854. Seine älteste Tochter aus der zweiten Ehe, Johanne Louise Wilhelmine Wagener, heiratete im Jahre 1851 Carl „Friedrich“ Christoph Soltwedel. Durch diese Heirat wurde er der neue Besitzer des Gutes in Grünhagen. Er wurde am 13.01.1829  geboren und übte, wie auch sein Vater, Jürgen Friedrich Soltwedel aus Bevensen, bis zu seiner Heirat den Beruf des Schlachters aus.

In Grünhagen wurde fleißig Landwirtschaft betrieben. Höhere Ernteerträge wurden immer dringender, denn die Einwohnerzahl stieg. Von 1816 bis 1870 war sie in Deutschland von 25 Millionen auf 41 Millionen herangewachsen. Von den sechs Höfen, die 1887 in Grünhagen bestanden, war das Gut der größte Besitz. Friedrich Soltwedel  pachtete 1868 noch 6 Morgen Land, das in der Melbecker Feldmark lag, vom Harlingschen Gut aus Bienenbüttel dazu.

 Fritz Soltwedel mit seinen Kindern und Rittmeisterehepaar Eikhof
Oben Mitte: Friedrich Soltwedel mit seiner   Tochter Anna. Der spätere Erbe Gustav ganz links unten.

Nach dem Tode von Friedrich Soltwedel übernahm 1881 sein ältester Sohn Gustav das Gut und verwaltete es zusammen mit seiner Ehefrau Anna Lührs, Tochter eines Vollhöfers aus Kuhstedt. Ihr ältester Sohn „Friedrich“ Wilhelm, geboren am 04.08.1888, wurde der spätere Hofbesitzer.

Der Hof erlebte zum Ende des 19. Jahrhunderts seine Blütezeit. Nach den Plänen der Suderburger Wiesenbauschule machte Friedrich Soltwedel  die Auewiesen zu Rieselfeldern, die dann drei Schnitte im Jahr erbrachten und an die Reiterkaserne Lüneburg geliefert wurden. Er richtete eine Kornbrennerei ein, baute modernere Gebäude und nutzte die Wasserkraft optimal, indem er mit einer Wassermühle Strom für den gesamten Ort erzeugte und eine Mühle zum mahlen des Getreides antrieb.

Sein 22jähriger Sohn Friedrich Wilhelm, genannt Fritz, übernahm die Gutsverwaltung, bis er am 4. August 1914 (erster Weltkrieg) nach Oldenburg einberufen wurde. Er fiel am 1. Oktober 1914 in einem Nachtbefehl bei Fouquecourt (westlich von Quentin) als Offizier-Stellvertreter und Vizefeldwebel am 3. elsässischen Inf. Reg.

Seine junge Witwe Sophie, geb. Ehrhardt aus Hildesheim, heiratete später den Verwalter des Gutes, Hochecker, und verkaufte im Kriegs -und Inflationsjahr 1917 die Hofstelle „für`n Appel und `n Ei“, so wird gesagt, an den Bankdirektor Joesting aus Halberstadt. Die Brennrechte wurden anderweitig veräußert.

Ernst Joesting in seinem Auto in Grünhagen (Foto: Urenkelin Katharina Jahn-Busch)

Ernst Joesting sen., Bankdirektor bei der Waaren-Commissionsbank,  lebte mit seinen 6 Söhnen und einer Tochter  in Hamburg. Er gab seinen Beruf als Bankdirektor auf und kaufte in den Kriegsjahren des Ersten Weltkrieges für wenig Geld den Gutshof.

Als der 1. Weltkrieg ausbrach, war die Begeisterung in der Bevölkerung groß, ging man doch davon aus, dass er nur wenige Monate andauern würde. Aber bald zeigte sich – Deutschland ging schweren Zeiten entgegen. Anfang 1915 wurde die Zwangswirtschaft und die Brotkarte eingeführt. Die Abgabebestimmungen wurden immer strenger, um die Ernährung des Volkes zu sichern. Rohstoffe und Futtermittel wurden immer knapper. Die Bauern mussten Getreide, alle Ernterzeugnisse, Schweine, Rinder und Federvieh an die Proviantämter abliefern. Immer größer wurde die Not! Besonders die Stadtbevölkerung litt unter der Lebensmittelknappheit. Vielleicht war dies auch der Grund für Ernst Joesting, als Selbstversorger mit seiner Familie aufs Land zu ziehen.

Es war nicht immer leicht, die anfallenden Arbeiten, die auf dem großen Gutshof fast ohne männliche Hilfe zu bewältigen. Die größte Last ruhte auf den Schultern der Frauen. Doch nicht nur die Arbeit machte das Leben fast unerträglich. Die Landwirtschaft, ja die gesamte Wirtschaft brach zusammen.

Der neue Gutsbesitzer Ernst Joesting versuchte, trotz der schweren Zeit, seinen Hof in einen guten Zustand zu bringen. Er legte Wasserleitungen u. a. zwischen seinem und der Friedrichschen Besitzung (heute Harms) sowie durch den Gemeindeweg (Am Beek) bei der Bachbrücke.

1919 plante er, aus seinem Pensionat (das spätere Hotel) einen Wirtschaftsbetrieb zu errichten. Wann dieses Vorhaben realisiert wurde, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. Auf einer Postkarte wird das Herrenhaus als Pension angeboten.

Die Rückseite der Postkarte:

Herrenhaus Joesting liegt umgeben von herrlichen Laub- und Tannenwäldern im idyllischen Ilmenautal. Hier bietet sich allen Erholungssuchenden Gelegenheit zu

genußreichen Wanderpartien und Spaziergängen in einer romantischen Heideumgebung. Die plätschernde Ilmenau wird bald zu einem vertrauten Gesellen und lädt Angelofreunde zum Forellenfang ein. Das Herrenhaus selbst ist neuzeitlich eingerichtet (Bad, WC, teilweise fließendes kaltes und warmes Wasser) und bietet ca. 20 Gästen Unterkunft. Ein gepflegter schattiger Garten, eine 50 qm große glasbedachte Veranda mit wundervollem Ausblick in die ruhige Heidelandschaft und sehr gut ausgestattete Gesellschaftsräume gestalten Ihren Aufenthalt zu wirklichen Erholungstagen. Die Verpflegung ist so, wie sie für Erholungssuchende sein muß: gut bürgerlich, kräftig und vor allem reichlich; der heutige Pensionspreis betrögt bei Aufenthalt von mindestens 3 Tagen RM 4,– pro Tag, für Wochenende RM. 4,50 pro Tag. -Bitte besuchen Sie uns, Sie werden zufrieden sein. Großgarage vorhanden.

Herrenhaus Joesting, Gut Grünhagen (Lüneburger Heide)  

1922 pachtete Ernst Joesting die Jagd in der Grünhagener Feldmark für 8000 M. jährlich auf 6 Jahre. 1929 wurde sie bis 1934 verlängert. Er war leidenschaftlicher Jäger. Besonders bei Hasen hatte er sehr großen Erfolg. Die Urenkelin sagte, dass es nach Erzählungen ihrer Mutter, die als Kind häufig in Grünhagen ihre Ferien verbrachte, dort regelmäßig und viel Hasenbraten auf den Tisch kam.

Ernst Joesting bei der Jagd
(Foto: Katharina Jahn-Busch)

Zur Bekämpfung der damals herrschenden Arbeitslosigkeit wurden Arbeitskräfte in ländliche Gebiete umgesiedelt. Die Beschaffung der Unterkünfte lag in den Händen der Gemeinde.  Der Gutsbesitzer Ernst Joesting wurde verpflichtet, einen Umbau seines Hauses nach den vorgeschriebenen Richtlinien vorzunehmen und als Obdach zur Verfügung zu stellen.

Aber viel härter traf ihn die Enteignung im September 1933, wonach er auf das in seinem Betrieb befindliche Gemeindeland verzichten musste. Die Reichsumsiedlungsgesellschaft, kurz „Ruge“ genannt, übernahm die Landwirtschaft. Nach einem Gesetz von 1935 „…über die Landbeschaffung für Zwecke der Wehrmacht…“ bestand die Möglichkeit, gegen – aber auch ohne Entschädigung, die Besitzer von Ländereien zu enteignen. In der Steuerrolle der Gemeinde Grünhagen ist als Enteignungstermin der 1.1.1936 eingetragen. Ob und in welcher Höhe eine Entschädigung gezahlt wurde, ist aus den Unterlagen nicht zu entnehmen. Das Herrenhaus blieb im  Besitz der Joestings und wurde als Wohnhaus benutzt. 1937 machten Erben daraus eine Pension. Aus dieser Zeit stammt vermutlich die abgebildete Postkarte.

Mit dieser Enteignung vollzog sich eine Trennung des Gutshofes vom Herrenhaus. Die Verwaltung des Gutes übernahm die „Ruge“. Zu Beginn des 2. Weltkrieges 1941 erwarb Alexander Schumpe den Gutshof von der „Ruge“. Im Zuge der Reichsumsiedlung zog er von Georgsmarienhütte hierher und lebte mit seiner Frau Elisabeth und den drei Kindern Adrian, Margot und Dieter in Grünhagen.

Zwischen den Jahren 1950 bis 1980 erlebte die Landwirtschaft eine rasante technische Entwicklung wie nie zuvor. Die Rieselfelder waren für die moderne Maschinenbewirtschaftung ungeeignet. Sie mussten eingeebnet werden und die brachliegenden Flächen wurden kultiviert.

1955 baute Alex Schumpe die zwei Silos –heute ein Wahrzeichen von Grünhagen- für Viehfutter und Getreide, das in der eigenen Mühle mit eigenem Strom gemahlen wurde. Ein kleines Kraftwerk am Forellenbach erzeugte elektrischen Strom, der nicht nur die Mühle in Betrieb setzte. Es versorgte bis nach dem 2. Weltkrieg die Bewohner des Ortes mit Elektrizität. Diese Anlage wurde vermutlich von Ernst Joesting angelegt.

Nach einem Herzinfarkt 1956 verpachtete Alex Schumpe große Ackerflächen an die Firma Reemtsma, die für die Bewohner Arbeitsplätze brachte. Eine geplante und schon unter bestimmten Voraussetzungen genehmigte Wochenendsiedlung im Kothkamp wurde jedoch nicht gebaut.

Beim Ausbau der B4 im Jahre 1970/71 mussten in Grünhagen die Brücken erneuert werden, um genügend Platz für eine breitere Straße und den Rad- und Fußweg zu schaffen. Das bedeutete für die beidseitigen Anlieger, einen Teil ihrer Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Besonders betroffen war Alexander Schumpe. Eines seiner Gebäude wurde „abgeschnitten“.  Ein Wirtschaftsgebäude musste völlig abgerissen werden.

Foto: Henning Paetzmann

1974 übernahm Harald Stein von Alexander Schumpe die Gebäude auf Erbpacht. Er gründete dort die heutige „Grünhagener Fischräucherei“.

Nach dem Tode von Harald Stein 1994 bewirtschaftete seine Tochter Christiane Stein-Wiebusch die „Grünhagener Fischräucherei“ und kaufte 1996 von der Erbengemeinschaft Schumpe das Grundstück „Am Sülzbruch 2 + 4“. Die Fischräucherei betreibt heute ihr Sohn Lars.

Fundort: Kamin im Landhaushotel Grünhagen
Altes Foto vor dem Ausbau der A4

Quellen:
(1) Stadtarchiv Lüneburg
Bestand St. Michaeliskloster Lüneburg
Neue Signatur nicht bekannt
(2) Gemeindearchiv Bienenbüttel